Dienstag, 26. Februar 2013

Meet Steve at Precision

Unter anderem bietet unser Aufenthalt in USA für unseren Sohn die Möglichkeit, den Führerschein zu machen. Wie schon in älteren Posts behandelt, geht das einerseits leichter als in Österreich, andererseits bedarf es einiger Vorbereitungen und natürlich gibt es auch Hindernisse.

Daher hier noch einmal eine kurze Beschreibung der "wirklichen" Vorgehensweise.
Also - man braucht eine sogenannte "Legal Presence", sprich eine (für den Führerschein) legale Aufenthaltsgenehmigung. Das ist in unserem Fall unser Visum. Sophie konnte daher den Schein nicht machen, nur "Besucher" ist zu wenig. Abhängig vom Visum braucht man noch eine Social Security Number - ich habe eine bekommen, Margueritha und Tino brauchen keine (weil sie "nur" meine Begleitung sind). Ja und dann braucht man noch einen Geburtsnachweis, in unserem Fall der Pass und eine gültige Adresse.

Für Margueritha und mich war das genug - wir konnten sofort den schriftlichen und praktischen Test machen. Tino ist unter 18 und hat daher noch zusätzliche Hürden zu nehmen. Zum Einen muß er eine "Drivers Education" machen - ein theoretischer Kurs, den die Kids auch in der normalen Schule machen könnten. Tino muß / kann den Kurs auch online machen. Dann braucht er noch 6 Stunden Fahrunterricht mit einem kalifornischen Fahrlehrer und 50 Stunden Fahrpraxis im Zeitraum eines halben Jahres.

Für die Drivers Education und die Fahrstunden suchen wir uns die Fahrschule Precision Driving South aus. Ich rufe dort an und Steve, Besitzer der Schule, schlägt uns vor, gleich vorbei zu kommen. Das Büro befindet sich in einem der ältesten Gebäude von San Luis Obispo, wir könnten es nicht verfehlen. Tino und ich machen uns auf den Weg und finden Steve vor seinem Haus. Steve begrüßt uns mit sehr vielen Worten. Unter anderem hält er ein Stück Käse in der Hand und meint: "ich muß noch rasch den Käse essen, ich habe heute noch keinen Käse gehabt." Gesagt -getan und zwischen Kaugeräuschen erklärt er uns das Prozedere. Dazwischen wirft er immer wieder richtige Gassenhauer-Witze ein. 
"The SLO Higschool gets a new name - they will call it Very SLO High....."
Er erzählt uns von seinen Fahrlehrern - Pete, eine pensionierter Officer der Highway Patrol. Oder Michelle - "she's a clever Mom, she can spell Mom backwards - Mom." mit der Erweiterung "she can although spell her Name upside down - Wow...."
Nachdem dann endlich die Sekretärin von der Mittagspause zurückkommt, gelingt es uns doch tatsächlich, Tino für den Kurs anzumelden. Wenn den online Kurs fertig hat, bekommt er sein Temporary Permit und kann die erste Fahrstunde belegen. Das Ganze kostet dann knapp 500 Dollar.
Zum Abschluß fragt uns Steve noch:"would you like to see my bird?" - Tino und ich schauen uns an und denken beide das Gleiche :-) ...... Der "Bird" stellt sich dann als ein Auto der Marke "Thunderbird" heraus. Ganz ok.
Wochen später sehen wir Steve im Theater (er erkennt uns "leider" nicht). Schon von Weitem hören wir, wie er die neuesten Witze erzählt... siehe oben, offensichtlich hat er nur drei...

Tino beginnt mit dem Online Kurs und ist damit relativ rasch fertig. Wir bekommen einen Brief mit dem Zertifikat dafür. Damit machen wir uns auf zur DMV. Dort stellt sich heraus, das Tino gleich den schriftlichen Führerschein-Test machen muß. Den schafft er auch auf Anhieb und hält somit sein temporary Permit in den Händen. Damit darf er jetzt in Begleitung eines über 25jährigen Besitzers einer kalifornischen Drivers License fahren. Wie gesagt 50 Stunden Fahrpraxis, davon 10 in der Nacht,
Wir machen das auch ausgiebig. Tino fährt bei jeder Gelegenheit, kurze und weite Strecken, tagsüber und in der Nacht. Im Death valley fährt er Off-Road und auf Schnee. Wir üben auch parallel einparken, in Ermangelung von Autos nehmen wir unsere großen Koffer als Übungsautos. Allerdings geht der Wind so stark, dass die Koffer immer umfallen. Aber Tino macht sich wirklich gut. Natürlich gibt es ein, zwei brenzlige Situationen, aber auch die gehen vorbei.

Die Fahrstunden meistert Tino mit Bravour. Er fährt mit Michelle (die amazing Mom), beim ersten Mal fahr ich mit, damit ich weiß, worauf hier Wert gelegt wird. Er fährt mit Pete, dem pensionierten Highway Patrol Man und er fährt mit Pat, einem Überbleibsl aus der Hippiezeit.

Ja und dann ist es soweit - die letzte Fahrstunde, die Unterschrift auf die Bestätigung und ab geht's wieder zur DMV Office zum Fahrtest. Tino ist etwas nervös und träumt schon davon, endlich alleine mit dem Auto herum zu fahren. Den Test besteht er aber dann geht es wieder los. Dieselbe Geschichte wie bei Margueritha und mir, nur noch verschärft, da man ihm keine temporay License ausstellen kann.


Tino ist enttäuscht und auch ein wenig verängstigt, weil er befürchtet, dass er überhaupt keine Führerschein bekommt. Ich klemm mich gleich hinters Telefon, wieder einmal müssen wir Pass- und Visakopien durch die Gegend faxen, aber letzendlich bekommt er seine vorübergehende Erlaubnis und ein paar Tage später auch seine echte gültige Californina Drivers License.

Die letzte Challenge wird dann nur mehr darin bestehen, diese License in Österreich um schreiben zu lassen. Laut ÖAMTC kein Problem - wir werden sehen.

Mittwoch, 20. Februar 2013

Wale die zweite

Meine Mutter ist zu Besuch. Das bedeutet, dass wir ihr alle Schönheiten, Einzelheiten, Vielfältigkeiten und Besonderheiten dieser Gegend zeigen. Gleich am ersten Wochenende gilt es daher, sie zu einem Abenteuer auf See mit zu nehmen. Wir buchen daher wieder wie schon einmal eine Whale Watching Tour von Morro Bay. Die Zeit ist gut, gerade jetzt sind die Grauwale auf ihrer Wanderung nach Süden entlang der Küste zu sehen. 

Zeitig in der Früh fahren wir daher nach Morro Bay und besteigen die Dos Osos. Der Tag ist herrlich, in der Bay ist das Wasser glatt und die Morgenstimmung macht Lust auf mehr und Meer. Schon die ersten Meter sind wunderbar. Die Haubentaucher und Blesshühner starten und landen rund um uns und die ersten Seelöwen wärmen sich in der Morgensonne auf.


Wir sehen auch gleich zu Beginn den ersten Seeotter. Hier in der Bay gibt es eine größere Seeotter Kolonie. Es leben hier so um die 15 Tiere. Seeotter verbringen fast ihr ganzes Leben auf dem Wasser. Lediglich zur Geburt ihrer Jungen und, wenn sie krank sind, kommen die Otter an Land. Und wir haben großes Glück. Einer der Seeotter hat gerade eine große Krabbe gefangen und knackt nun die Schale, um seine Beute zu verzehren. In der morgendlichen Stille hört man seine Freßgeräusche sehr gut. Währende der Weiterfahrt passieren wir dann die Kolonie und sehen noch eine Mutter mit ihrem Jungen auf dem Bauch.


Aus der Bay heraußen empfängt uns eine hohe Dünung, die in weiten Wellen an die Felsen der Kaimauer knallt. Die Wellen sind allerdings nicht bedrohlich und wir fahren hinaus aufs offene Meer. Vorbei an einer Heulboje mit ein paar Seelöwen darauf geht es weiter hinaus. Leider sehen wir eine ganze Weile lang nichts, außer vereinzelten Seeottern, einem Seelöwen und ein paar Möven. Nach längerer Zeit kommt allerdings die ersten Überraschung. Der Skipper entdeckt neben einer schwimmenden Möve eine helle Scheibe an der Wasseroberfläche und ruft "Mola Mola". Der hawaianische Name für den Mondfisch, der auf englisch lustigerweise "Sunfish" heißt. Zuerst ist der Fisch nur schwer zu sehen, nur seine Rückfloße "schwänzelt" aus dem Wasser. Dann sehen auch wir den Fisch auf der Seite liegen und letztendlich zieht der Mondfisch in Ruhe eine Runde nahe ums Boot.

 
Dann geht es Schlag auf Schlag. Mit einem Mal befinden wir uns in Mitten eines großen Schwarms von Risso Delphinen. Das sind große Delphine mit einer flachen Schnauze und einer recht hohen Rückenflosse. Gemächlich ziehen an die 70 Tiere ihre Bahnen an der Seite unseres Boots. Risso Delphine sind eher ruhig und spielen nicht so ausgelassen, wie ihre kleineren und bekannteren Artgenossen. Umso majestätischer bewegen die großen Tiere sich.


Risso Delphine reiben sich beim Essen immer wieder an Unterwasserfelsen. Die Narben, die dadurch entstehen "verfärben" die älteren Tiere richtiggehend weiß. Bei den jungen Delphinen kann man noch die graue Grundfarbe erkennen. Mit der Zeit, beginnen sich die Delphine an uns zu gewöhnen, immerhin fahren wir fast eine halbe Stunden mit ihnen. Die jüngeren beginnen den Kopf aus dem Wasser zu heben, es wir mit der Schwanzflosse geklatscht und schließlich springen einige Delphine auch aus dem Wasser.


Die Zeit wird knapp und eigentlich sind wir ja da, um Wal zu sehen. Wir drehen daher wieder Richtung offene See und fahren in einem großen Bogen Richtung Hafen zurück. Kurz bevor der Kapitän umdrehen möchte, ist es dann endlich soweit. Wir sehen den ersten Blas. Wir zählen drei bis fünf Wale auf ihrem Weg nach Süden. Leider geht unser Trip zu Ende und wir müssen umdrehen. Zum Glück begleiten uns die Wale noch ein Stück und zum Abschied winken sie noch einmal mit der Schwanzflosse.


Freitag, 1. Februar 2013

San Luis Obispo Tigers

Ich bin ja offziell als Journalist und Mitarbeiter des Sportmedienverlags hier in den USA. Meine MIssion ist es, Kontakte zur NFL, MLB und NBA aufzubauen. Für das letzte Heft vom "Kick Off Magazin" dem größten Football Magazin Europas, darf ich allerdings einen Bericht über Highschool Football schreiben. Ein Blick auf die Art und Weise, wie hie in den USA schon in der Schule an Sport herangegangen wird, ist sicher interessant. Ich kontaktiere den Direktor der San Luis Obispo Highschool Leslie O'Connor (ein waschechter Ire, eh klar), der mich sofort mit Jeff Brandow, Chef des Schulsports, verlinkt. Dieser wiederum bringt mich zu Headcoach David Kelley. Ich werde überall sehr herzlich empfangen - ich bin ja nur ein kleiner Ösi, der von Football keine Ahnung hat.

Der folgende Bericht ist aus meinen Tagen in der Highschool entstanden. Eine verkürzte Version davon wurde im "Kick Off Magazin" Ausgabe 8/12 auf den Seiten 16 und 17 veröffentlicht. Hier kann man den sogar online lesen. Allerdings kann man das "Kick Off Magazin" sowie auch alle anderen Magazine des Sportmedienverlags gratis abonnieren. Mittlerweile sind das spezielle Magazine zu den Sportarten Baseball, Lacrosse, Ice Hockey, Hockey, Basketball, Leichtathletik und natürlich Football. All das gibt es natürlich auch auf Facebook.

      ....................................................Hier der Artikel in voller Länge..............................................
Zwischen den USA und Europa im Allgemeinen und Österreich im Speziellen gibt es einen großen Unterschied im Zugang zu Sport. In den USA ist Sport sehr stark an die Schule gebunden – viele Sportarten werden direkt durch die Schule getrieben. Dies beginnt schon in der Middle School (dem Pedant zur Unterstufe in Österreich) – in der Highschool wird es an die Spitze getrieben.
Als Beispiel gilt hier die San Luis Obispo Highschool in Kalifornien – Home of the Tigers!!!

An der SLO High werden 12 Sportarten angeboten, sieben davon für Mädchen und Buben. Für jede Gruppe gibt es einen eigenen Headcoach Die Schule leistet sich 17 Headcoaches, die sich nur um Ihre Sportart kümmern. Manche haben sehr wohl ein anderes Fach im richtigen Unterricht, aber der Fokus liegt beim Sport.
American Football nimmt an praktisch allen Schulen eine Sonderstellung ein, da hier USA-weit eine große eigene Wirtschaftssparte etabliert ist.
Auf meine Anfrage, einen Bericht über das das Footballteam der San Luis Obispo Highschool zu schreiben, nimmt mich Headcoach David Kelley herzlich auf und freut sich, mir die „Tigers“ mit allen Drum-Herum vorstellen zu dürfen. Ich werde eingeladen, das Team eine Woche lang zu begleiten. Es geht um die Vorbereitung auf ein sehr wichtiges Spiel. Am Wochenende steigt das letzte Spiel der Saison, es ist „Senior Night“ – das Spiel bei dem die Schüler, die heuer die Schule abschließen, das letzte Mal in der Liga spielen. Noch dazu wird gegen den Führenden der Liga und gleichzeitig Lokalrivalen die „Arroyo Grande Eagels“ gespielt. Wenn die Tigers gewinnen sind sie punktegleich Tabellenführer. Spannung und Dramatik sind somit gegeben.
Das Training beginnt mit einer Besprechung der Defense im Büro von Coach Kelley. Anfang der Woche haben die Coaches einen Scout Report erstellt. Neun Seiten einer Analyse des Gegners, seinen bevorzugten Spielzügen und den verwendeten Calls. Zu diesem Scout Report gibt es nun fünf Fragen, für deren Beantwortung die Spieler nur wenige Minuten Zeit haben. Wer die geforderte Punkteanzahl nicht schafft, wird zum „Lame Dog“ und muss somit beim Training zusätzliche Übungen machen.
Danach werden mit Hilfe einer Analysesoftware Spielzüge der Gegner auf Video betrachtet. Die Spieler werden aktiv miteinbezogen und müssen ihre Reaktion auf diese Angriffe im Spiel beschreiben. Das Ganze dauert ca. 15 Minuten, dann geht es ab zum Training.
Während sich die Kids umziehen, beantwortet mir Coach Kelley ein paar Fragen. Mit Staunen stelle ich fest, dass für nahezu alle Spieler das Football-Leben nach der Highschool zu Ende ist. Aus dem aktuellen Team hat lediglich ein Spieler, Jack Ferguson, einen Platz in einer College Mannschaft. Alle anderen beenden bereits jetzt im Alter von 18 ihren Lieblingssport, da es in den USA keine Möglichkeit gibt, Football als Amateur zu spielen. Flag-Football gilt, zumindest hier vor Ort als hochgradig unattraktiv.  Coach Kelley erzählt mir auch von seiner Organisation. In seinen Verantwortungsbereich fallen alle drei Mannschaften der Schule – das Freshman Team, der jüngste Jahrgang der Schule – das Sophomore Team, Schüler aus dem zweiten Jahrgang – und das Varsity Team, die Königsklasse, hier spielen die besten und ältesten Spieler der Schule. Für die Betreuung der Teams sind insgesamt 17 Trainer an der Schule tätig. Für deren Bezahlung stehen allerdings nur 9 volle Gehälter zur Verfügung. Coach Kelley hat natürlich volles Gehalt, weitere 4 Trainer ebenfalls. Die restlichen Trainer teilen sich die verbleibenden Gehaltsschecks. Trainiert wird jeden Tag außer Sonntag, wobei die Kids in der letzten Schulstunde, ab 14:00 sowieso Sportunterricht, also Football, haben. Das Training dauert dann aber meist noch bis ca. 17:30 Uhr. Oft gibt es auch schon in der Früh um 7 eine Einheit in der Kraftkammer. Die Spieler haben somit neben dem Sport kaum Freizeit. Die schulischen Leistungen sind trotzdem wichtig, die Kids müssen einen bestimmten Notendurchschnitt bringen, um im Team verbleiben zu können.
Das Training beginnt und Coach Kelley setzt sein Team ordentlich unter Feuer. Sie hätten in letzter Zeit zu wenig Einsatz gezeigt meint er. Eins fällt sofort auf – ein großer Teil der Spieler hat offensichtlich schon Verletzungen hinter sich. Drei Burschen trainieren mit Schienen (Orthesen) am Knie, etliche andere humpeln. Während des Trainings verletzt sich ein Defense Spieler an der Schulter, ein anderer Spieler wird am Knie verletzt und wird weinend davon getragen. Wenn man bedenkt, dass die Kids zwischen 15 und 17 Jahre alt sind, ist das harter Tobak. Ich verlasse um ca. 16 Uhr den Platz – hier sind die ersten Spieler bereits deutlich an der Grenze ihrer Belastbarkeit angelangt. Im Gespräch mit den Kids erfahre ich, dass es fast bei jedem Training vorkommt, dass ein Spieler vor Erschöpfung erbricht.


 Tags darauf darf ich beim Freshman Spiel an der Sideline stehen. Das Spiel ist eher schlecht besucht, aber es sind immerhin an die 100 Zuschauer da. Vom Sportdirektor erfahre ich, dass sich dieses Team im Aufbau befindet. Er hofft, dass die Niederlage nicht allzu hoch ausfallen wird. Tatsächliche schlagen sich die Tigers nicht so schlecht und verlieren letztendlich nur 28:6. Dennoch erkennt man auch hier schon den Enthusiasmus. Headcoach des Teams ist Gary „Crazy Gary“ Hitchcock. Schon nach wenigen Minuten scheint es, dass er sich die Seele aus dem Leib geschrien hat. Das Spiel plätschert vor sich hin, die Spieler sind teilweise noch kleiner, werfen sich aber mit vollem Einsatz ins Geschehen. Man merkt aber, dass auch noch recht viel Angst im Spiel ist.
 


Am Freitag ist es dann soweit – Game Day. Alles beginnt um 16 Uhr mit dem Spiel der Sophomores. Die Zuschauertribüne ist deutlich besser besetzt alles tags zuvor. Während die Tigers – Sophomores einem sicheren Siegentgegenlaufen, sie gewinnen 34:0,  beginnen die Vorbereitungen des Varsity Teams unter der Aufsicht von Coach Kelley. Nachdem die Spieler zusätzliche Tribünenteile an den Spielfeldrand stellen, eine Art erstes Aufwärmen, wird gemeinsam ein von Eltern zubereitetes Essen verspeist. Spaghetti mit Fleischsauce – pure Energie. Ich nutze die Gelegenheit und spreche mit Jack Ferguson. Jack ist 17 Jahre alt, 189cm groß und 104kg schwer, ein ordentlicher Brocken für sein Alter. Er ist der erfolgreichste Linebacker der Tigers und hat als einziger Spieler des Teams Anfragen von College-Teams. In den Zeitungen wird er als der beste Linebacker der Central Coast gehandelt, groß, stark und trotzdem schnell. Jack ist aber trotzdem ein 17jähriger junger Mann, etwas schüchtern, aber sehr sympathisch. Er ist sich seiner Verantwortung als Leistungsträger bewusst, scheint sich aber keine großen Sorgen zu machen. 

Nach dem gemeinsamen Essen, eine Art Ritual, beginnt das Aufwärmen. Dazu wird extra eine professionelle Fitnesstrainerin engagiert, die mit der Mannschaft Dehnungsübungen macht. Nach den weiteren Übungen geht es dann in Zweierreihe hinunter aus Feld. Dort ist mittlerweile ziemlich viel los. Die Blaskapellen beider Schulen haben Aufstellung genommen, die Cheerleader haben sich schon aufgewärmt und am Zaun stehen die Eltern der Seniorspieler – diese werden ja heute verabschiedet, das gibt es noch von jedem Spieler ein Foto mit seinen Angehörigen. Während die Mannschaft auf dem Feld die letzten Aufwärmübungen macht, mische ich mich unters die Zuschauer. Die Tribüne ist gerammelt voll, es gibt Stände mit Essen und Merchandising sowie eine Verlosung mit Hilfe der Eintrittskartennummern. Ich spreche mit einer der vermeintlich freiwilligen Helferinnen über ihre Motivation und erfahre mit Staunen, dass ich mit einer Lehrerin der Schule spreche. Sie arbeitet im Rahmen ihrer verpflichtenden Allgemein-Hilfe-Stunden eben zur Unterstützung der Football Teams. 


 Die Zeremonie zieht sich etwas in die Länge und so geht es dann im Laufschritt wieder zurück in die Kabine zur letzten Ansprache. Kurz davor versammelt sich das Trainerteam zum gemeinsam Gebet. Die Stimmung ist greifbar, die Spieler blicken konzentriert und begeistert auf ihren Coach, der sie mit großen Worten auf das Spiel einstimmt. Auch hier wird zum Abschluss noch ein Gebet gesprochen. Dann geht es los. Auf dem Feld werden die Spieler, die aus einem überdimensionalem aufgeblasenen Tigerkopf rennen, frenetisch empfangen und gemeinsam singt man die Nationalhymne.


 Das Spiel beginnt mit einem Paukenschlag, Garret „Gio“ Giovanelli, Quarterback, Buntreceiver und Defenseback, fängt den Kickoff und läuft bis in die Endzone – Touchdown Tigers. Die Stimmung ist am überkochen. „Gio“ ist laut Coach Kelley der beste Spieler des Teams. Er ist auf vielen Positionen der beste, spielt den Quarterback und macht auch sehr viele Runs selber. Er hätte das Zeug zum College Football wird aber seine sportliche Zukunft im College Baseball machen. Dort ist er angeblich noch besser. Er bringt die Tigers am Anfang des Spiels in eine 14:0 Führung und ist in dieser Zeit die tragende Figur am Spielfeld. Anfang des zweiten Viertels bleibt es allerdings verletzt liegen und scheidet letztendlich mit einer Seitenbandverletzung für den Rest der Saison und damit auch den Playoffs aus. Geschockt und geschwächt durch den Ausfall ihres Quarterbacks fallen die Tigers zurück und sind zur Pause 14:21 im Rückstand. 



Anfangs der Pause versammelt sich das Trainerteam und hält Rücksprache. Offense und Defense geben ihre Sicht des Spiels bekannt und man einigt sich auf die weitere Taktik. Währenddessen holt die Mannschaft im alten Turnsaal der Schule Luft. Giovanelli wird mit dem Elektrocart herngekarrt, um an der Besprechung teilzunehmen. Im Saal ist die Luft dick und Stimmung getrübt. Nacheinander geben die Trainer der Offense und Defense ihre Eindrücke und Pläne an die Mannschaft weiter. Alle sind sehr angespannt. Dann tritt Coach Kelley auf die Bühne. Er redet den Spielern ins Gewissen, spricht von den wichtigsten 60 Minuten ihres Lebens und erzählt von Menschen, die mit Kummer und Bedauern durchs Leben gehen. Er fordert die Spieler auf, nicht zu solchen Menschen zu werden sondern in 60 Minuten erhobenen Hauptes vom Spielfeld gehen zu können. Die Kids hängen an seinen Lippen und schließen zum Abschluss nach Aufforderung des Coaches die Augen. In einem letzten Appell muntert Coach Kelley die Kids damit auf, sich den Sieg vorzustellen und die Freude danach. Als er endet explodiert die Atmosphäre, alle Anwesenden applaudieren heftig und die Spieler halten ihre Helme zusammen schreiend in die Höhe. Coach Kelley ist emotional so geladen, dass er einige Liegestütze zum Abkühlen machen muß.



Der Rest ist schnell erzählt. Die Tigers kommen noch knapp an die Eagles heran. Anfang des letzen Viertels gelingt Ihnen ein Fieldgoal, wenn sie jetzt noch einen Touchdown schaffen, haben sie gewonnen. Das Spiel gleicht einer Schlacht, fair aber mit allen Mitteln bekämpfen sich beide Mannschaften. Die Tigers beißen und rennen angeführt vom zweiten Quarterback Thomas Orradre und Center Jack Milstead , doch letztendlich scheitern sie an zu vielen kleinen Fehlern und verlieren ein spannendes Spiel knapp mit 24:28. 


Am Boden zerstört versammeln sich die Kids nach dem Spiel kniend um Coach Kelley. Er versucht sie aus dem Loch zu holen und verweist auf die Playoffs. Hier haben sie noch einmal die Chance, gegen den Lokalrivalen zu spielen und zu gewinnen – und wer weiß, vielleicht gewinnen sie die Playoffs und fahren somit einen noch größeren Erfolg ein. Jack Milstead, Center des Teams und laut Coach Kelley der Spieler mit dem größten Herz und Einsatz läßt sich nur schwer von den Worten trösten und bricht nach der Ansprache in den Armen des Coachs in Tränen aus. 





Alles in Allem eine sehr intensive und spannende Erfahrung. Wenn an den Schulen der USA in allen Sportarten ein ähnlicher Einsatz gezeigt und Aufwand betrieben wird, wundert es nicht, dass die USA weltweit in vielen Sportarten führend ist.