Donnerstag, 30. Mai 2013

Central Coast Brewing

Braumeister für einen Tag
Noch einmal zur Erinnerung. Als wir uns für San Luis Obispo entscheiden hat Margueritha gleich die Idee, dass wir uns an die Universität vor Ort wenden, um hier vielleicht ein Visum zu bekommen. In der Vorbereitung auf meinen ersten Versuch, mich an der Uni als Gast-Lektor für das Thema "Technologie der Brauerei" zu bewerben, stoße ich auf die Central Coast Brewing Company. Es ist dies eine kleine Brauerei, die unter anderem anbietet, als Braumeister für einen Tag, selber Bier zu
brauen.
Für meine Idee, im Rahmen einer möglichen Vorlesung mit Studenten Bier zu brauen, ist das super. Ich nehme mit George Peterson, dem Eigentümer, Kontakt auf und er ist nicht abgeneigt.
Richtig interessant wird es dann im November 2011. Bei unserem ersten Besuch in SLO haben wir einen Termin in der Brauerei. George ist uns auf Anhieb sympathisch und er zeigt uns gleich sein kleines Reich.
 

Wie sich herausstellt hat George eine interessante Geschichte. Tatsächlich ist George der General Sales Manager von Sunset Honda. Die Brauerei ist mehr wie ein Hobby. Sein Liebe zum Bier entdeckt er wie so viele Amerikaner als Student. Er braut dort schon selber Bier. Vor einigen Jahren bekommt George einen Anruf eines befreundeten Anwalts, der eine Brauerei in Nicaragua in einer Konkurs Masse hat. George kauft die Anlagen, läßt sie nach SLO schiffen und ist seitdem Besitzer einer Brauerei.

George ist begeistert von meiner Brau-Geschichte und wir kommen überein, dass wir auf jeden Fall in Kontakt bleiben. Nun - gleich als wir hierher übersiedeln nehme ich wieder Kontakt auf und wir entwicklen einen Plan. George bittet mich, in der Brauerei ein wenig die Augen offen zu halten und ihm und seinen Mitarbeitern mit Rat zur Seit zu stehen. Er stellt mich seinem Braumeister Aaron vor. Ich vereinbare mit Aaron, dass ich einmal bei einem Sud dabei bin - dann sehen wir weiter.

Wahrzeichen von CCB sind die drei kleine ZKG Tanks, die aber derzeit nicht in Betrieb. Es gibt auch, mitten in der Brauerei, eine Bar. Hier sind laufend 12 verschiedene Biere am Zapfhahn und die Auswahl ändert sich laufend. Alle Biere werden hier vor Ort gebraut. Ein stolze Leistung in Anbetracht der Anlage. Die Biere schmecken durch die Bank recht gut und sind durchaus interessant. Von IPA (sehr bitteres Ale) über Stout, von Rye Beer über Smokey Stout bis hin zum "El Hefe" - eine Weizenbier, gibt es alles, was das obergärige Ale-Hefe verwöhnte amerikanische Brauerherz begehrt.


Das "El Hefe" ist auch gleich mein erster Sud, an dem ich mit dabei bin. Aaron hat das Weizenbier schon einmal gemacht und es ist gut angekommen. Mir fallen gleich ein paar Kleinigkeiten auf und Aaron übernimmt sofort die Ratschläge. Die Produktion ist grundsätzlich in Ordnung, die alten Anlagen sorgen leider für eine geringe Effizienz. Hinzu kommt, dass keiner der Arbeiter (auch George nicht) eine wirkliche Ausbildung im Brauwesen hat - in den USA gibt es das auch nicht oft. Nur wenige Unis bieten da was an und Lehre gibt es natürlich gar nicht. Mein zugegebener Maßen nicht topaktuelles und verstaubtes Brauwissen reicht für die Basis-Themen hier aber vollkommen aus. Mit wenigen Ideen und Handgriffen gelingt es uns die Ausbeute der Brauerei gleich um ein paar Prozentpunkte zu steigern. Auch das "El Hefe" schmeckt laut Aaron mit meiner Idee der Hopfengabe gleich viel besser.

Kurz vor meiner Abreise nach Österreich im Oktober beschließen wir noch ein Experiment. Die CCB braut, wie praktisch alle anderen kleineren Brauereien, ausschließlich mit obergärigen Hefen. Die Anlage wäre mit einer Produktion von Lagerbieren (also untergäriger Hefe) technologisch auch überlastet. Trotzdem schlage ich vor, dass wir versuchen ein Lagerbier zu brauen. Damit würde sich die CCB deutlich vom Mitbewerb abheben. In Österreich organisiere ich mit Hilfe meiner alten Kontakte 9kg Hopfen und schicke diesen kurzer Hand mit der Post in die USA. Der Hopfen kommt auch tatsächlich unversehrt an und George, Aaron und ich beginnen unser Experiment. Im Jänner, wenn die Lufttemperatur niedriger ist wollen wir einen schönen, knackigen und hopfigen Bock brauen.
Und nicht nur das - bei der Planung beschließen wir gleich noch etwas. Nachdem wir genug Hopfen haben, werden wir mit der selben Rezeptur ein identen zweiten Sud brauen, diesen aber mit amerikanischer Ale-Hefe obergärig vergären.

Gesagt getan - Ich mache ein Rezept und lege dabei sehr viel Wert auf die Hopfengabe. Der erste Sud gelingt wunderbar, lediglich bei der Angärung gibt es Probleme. Doch auch die bekommen wir in den Griff. Die Lagerung verläuft problemlos und nach ein paar Wochen laufender Verkostung bin ich mit dem Bock zufrieden. Auch der zweite Sud verläuft problemlos und wir haben somit ein Zwillingspaar gebraut - die "Bock Twins". Wir taufen sie "German Style Bock Twin" (sorry, aber Austrian kennt hier keiner) und "American Style Bock Twin". Gleiche Etikette nur andere Farbe. Beim Fest zum 15jährigen Bestehen der Brauerei werden die Bock-Twins erstmals offiziell ausgeschenkt. Das Fest ist zufällig zu Ostern - ich habe somit einen Osterbock gebraut der immerhin 11 Wochen gelagert war - sehr traditionell. Deswegen komme ich auch in Lederhose und erzähle an diesem Abend ungezählte Male die Geschichte von den beiden Bock-Zwillingen die nach der Geburt getrennt wurden. Der eine wuchs in Deutschland auf, der andere in den USA - deswegen schmecken sie auch unterschiedlich. Die Story und die Biere kommen gut an und wir sind sehr zufrieden.

In den letzten Tagen verbringe ich noch ein wenig Zeit in der Brauerei, um noch ein paar Sachen  nieder zu schreiben, die nicht in Vergessenheit geraten sollen. George plant auch schon, nach Österreich zu kommen, da werde ich ihn dann durch alle Brauereien durchschleusen - na servus......


Sonntag, 26. Mai 2013

Hopfen und Malz

Aufmerksame Leser werden sich erinnern, dass ich am Anfang unserer Bemühungen um ein Visa mit einer kleinen Craft-Brewery hier in San Luis Obispo Kontakt aufgenommen habe. Eben diese Leser werden sich vielleicht schon länger gedacht haben - was denn nun aus unseren Brauerei Kontakten geworden ist, bzw. warum ich als Biertrinker noch immer nichts zum Thema gepostet habe.

Hier nun daher endlich ein Post zum Thema Bier.... Prost.

Wir lieben Europäer, Deutsche und Österreicher glauben ja ein bisserl, dass wir die einzigen wirklichen Brauer der Welt sind :-) - das Bier eigentlich im alten Ägyptern erfunden wurde ist dabei nicht so wichtig. Und natürlich wissen alle, die mich kennen, dass die ganze Lagerbier produzierende Welt, Bier nach Rezept der Brauerei Schwechat braut - ABER, Lagerbier ist halt nicht alles.
Und wir lieben Europäer, Deutsche und Österreicher glauben ja auch, dass amerikanische Bier praktisch nicht zum saufen ist.

Hier jetzt die Enthüllung eines großen Geheimnisses - es stimmt. Die großen amerikanischen Lagerbiere sind im Vergleich zu einme guten knackigen österreichischen Lagerbier wirklich nicht zum saufen.
ABER - es gibt noch etwas anderes. Wirkliche Bierspezialisten wissen es schon länger. Die kleinen Brauereien in den USA (Craftbreweries genannt) produzieren schon seit einiger Zeit viele unterschiedliche Biere mit den gewagtesten Geschmackskreationen und sind somit Europa einen Schritt voraus. Viele von diesen Bieren schmecken wirklich gut.

Warum ist das so??
Zum einen kommt es sicher daher, dass in den USA seit einigen Jahren im kulinarischen Bereich irrsinnig viel experimentiert wird. Eine Pizza kommt nicht einfach so mit Schinken und Käse daher, sondern muss noch Hühnerfleisch, Barbecue Sauce und ecetera drauf haben. Die Kochshows im Fernsehen produzieren Gerichte wo Kohl mit Lakritze und Erdnüssen zu einer Nachspeise verarbeitet werden. Diesen Trend kann ich in den Brauereien nachvollziehen.
Zum anderen gibt es in den USA eine lange Tradition von Home-Brewer. Nachdem man hier ja erst ab 21 Alkohol kaufen darf haben Legionen von Studenten ihr Bier im Badezimmer selbst gebraut.
Und dies führte noch dazu, dass gerade im Bereich der Craft-Breweries sehr viele selbst ernannte Brauer unterwegs sind. Von den ca. 15 Brauereien an der Central Coast wurden glaube ich alle von Menschen eröffnet die zuvor Home-Brewer waren. Diese Home Brewer brauen nach unterschiedlichsten Rezepten mit unterschiedlichsten Ergebnissen.
Nachdem nahezu alle Craft-Breweries hautpsächlich mit obergärigen Hefen arbeiten und somit Ales, Stouts und dergleichen produzieren - ergeben sich hiermit auch mehr Geschmacksvariationen.
Und natürlich gilt auch in diesem Bereich ein wenig der amerikanische Trend nach "mehr", "besser", "größer" usw. - d.h. es gibt dann das dunkelste, bitterste, stärkste Bier Amerikas.

In den Supermärkten führt das erfreulicherweise zu einem riesigen Angebot an Bieren. Hier zwei Fotos vom gekühlten Bierregal in unserem Standard Supermarkt. Das ganze Regal ist ca. 20 Meter lang. Nur ein Viertel davon ist mit den großen amerikanischen Lagerbieren (Bud, Miller usw.) gefüllt. 


Letzten Freitag besuche ich dann noch beim California Festival of Beers. Hier helfe ich meinem Freund George von Central Coast Brewing. Das Festival dauert zwei Tage, ich bin nur am Freitag dort. Das ist auch der interessantere Tag, weil hier die Brauereien ihr Spezialitäten herzeigen. George schenkt heute drei verschieden Stouts aus, die alle 7 Monaten in alten Bourbonfässern gereift sind. Eines davon ist die letzte Variante von einer Reihe von Blends - dabei hat man aus einem Faß immer einen Teil in Flaschen gefüllt und das Faß mit einem anderen Bier aufgefüllt. Der letzte Blend besteht aus 5 verschiedenen Bieren und schmeckt vorzüglich. Die Serie nennt George "Tomb Series"und wir schenken das Bier aus einem Riedel Dekanter aus.




Die Biere des Abends sind durchaus interessant, wobe leider auch einige recht einfallslose Aussteller dabei waren.

Als Bier trinkender Europäer hat man es in den USA am Anfang etwas schwer. Wenn man sich aber auf die verschiedenen Biere einläßt, kann man wirklich sehr gute Erfahrungen machen. Dennoch - nach dem Kicken geht nichts über ein knackiges österreichisches Bier. Da kann mir keine was erzählen.