In der Vorbereitung auf Kalifornien hat natürlich auch das Thema "medizinische Versorgung" einen Stellenwert. Nachdem unsere lieben Kids und auch wir in letzter Zeit eigentlich pumperlgsund waren, machen wir uns darüber nicht so große Sorgen. Ganz abgesehen davon sind Auslandskranken- versicherungen ausgesprochen sauteuer.
Daher beschließen wir in dieser Hinsicht nichts zu unternehmen. Von Freunden wissen wir, dass man die Kosten durch unsere Sozialversicherung und der Kreditkartenversicherung durchaus zurückbekommt - es dauert nur länger.
In der zweiten Schulwoche bin ich allerdings in Arroyo Grande - 12 Meilen entfernt -, um mir ein gebrauchtes Fahrrad zu checken, als ich einen Anruf von der Schule bekomme. Ich denke mir - na super, was ist jetzt schon wieder los. Shawleen, unsere Liebingssekretärin teilt mir mit "Tino ist gestürzt und hat sich ein Cut geschlagen, dass von einem Arzt angesehen werden muss". Ich kaufe überstürzt das Rad (keine sooo gute Idee) und rase mit 55 Meilen pro Stunde nach San Luis Obispo.
Tino sitzt in einem Hinterzimmer des Sekretariats, herzlich umsorgt von Shawleen und der Schul-Krankenschwester. Er ist auf einer Stiege gestolpert, hat sich nicht auffangen können und ist mit der linken Augenbraue auf den Asphalt geknallt. Kollegen haben sich gleich um in gekümmert, somit hat er nicht einmal stark geblutet (kein Fleck am Leiberl). Das Cut ist groß - muss genäht werden.
Wir fahren dirket ins French Hospital - ich kenne nichts anderes und es liegt quasi gegenüber der Schule. Tino wird kurz von einem Arzt angesehen, während ich das erste Formular ausfülle. Ich frage die Dame gleich, mit welchen Kosten ich ungefähr zu rechnen habe, doch die winkt sofort ab. Das kann sie nicht beantworten, zuerst muss ein Arzt entscheiden, was getan werden muss. Tino kommt gleich wieder heraus, das Cut muss genäht werden, aber sonst ist nichts. Wir werden nach nebenan in den Ambulanzraum geführt. Tino setzt sich auf ein Krankenbett in einem Raum der ungefähr 3 mal 3 Meter groß ist. Gleich neben Tino, durch einen Vorhang getrennt liegt eine sehr alte desorientierte Dame, angehängt an alle möglichen Überwachungssysteme.
Wir warten und ich frage eine Art Rezeptionist, der im Nebenzimmer sitzt, wann den etwas geschieht. Er sagt, es kommt gleich wer.
Wir warten eine Stunde.
Dann kommt eine Schwester, die sich Tino anssieht und sagt, dass der Arzt gleich kommt, er wird dann entscheiden, was zu tun sei.
Wir warten eine Stunde.
Der Arzt kommt und meint, dass die Wünde betäubt und dann genäht wird. Tino bekommt noch ein Gel zur Betäubung auf die Augenbraue, das bringt dann ein Pfleger.
Wir warten eine Stunde.
Der Pfleger kommt, gibt das Gel auf Tinos Wunde und meint, dass noch die Einwirkzeit abgewartet werden muss.
Wir warten 30 Minunten. Dann kommt der Arzt. Er spritzt Tinos Augenbraue ein - doppelt gemoppelt - und beginnt zu nähen. Nach der zweiten Naht (die Wunde benötigt insgesamt 5 Nähte) kommt ein Pfleger mit einem Handy und meint "Anruf Herr Doktor". Der Arzt übernimmt den Anruf und geht aus dem Zimmer! Nach kurzer Zeit kommt er zurück, entschuldigt sich und näht Tino fertig. Er meint, dass wir die Wunde eincremen sollen, nicht naß werden lassen dürfen und, dass nach einer Woche die Nähte entfernt werden müssen.
Soviel zur Timeline.... Während der Warterei, Tino schläft gottseidank ein, erlebe ich einige lehrreiche Dinge.
Die Dame neben Tino beginnt ca. alle 30 Minuten um Hilfe zu rufen - am Anfang gehe ich noch jemanden holen. Allerdings stellt sich heraus, dass sie so desorientiert ist, dass sie nicht weiß wo sie ist und immer die selben Fragen stellt. In den weiteren Fällen erzähle ich ihr einfach, wo sie ist und das bald wer kommt - das reicht ihr.
In den Räumlichkeiten gehen Verletzte und Angehörige ein und aus. Die Krankenhaus Mitarbeiter schieben mobile Röntgengerät und Dinge aller Art durch die Räume und behandlen die Patienten. Alles dauert relativ lange. Den Arzt selbst sehe ich eigentlich nur, wie er Tino behandelt.
Gleich am Anfang frage ich den oben erwähnten "Rezeptinosten", wie es den bürokratisch weitergeht. Er meint, dass er noch abwarten muss, was der Arzt sagen wird, kommt dann aber von selber und klärt mich auf. Also - ich muss heute vor Ort eine Art Anzahlung leisten - mit Kreditkarte, kein Problem. In den nächsten Wochen werde ich dann eine Reihe von Rechnugen erhalten, da jede Stelle im Spital seperat verrechnet.
Einige Zeit später erfahre ich endlich genauere Daten - nachdem wir heute zum ersten Mal im French Hospital sind bekommen wir einen Rabatt von 25% und müssen nur 250$ Erstkosten begleichen. Wenn ich dann mit den Rechnungen in den ersten Tagen ins Spital komme und cash bezahle erhalte ich weitere 25% Rabatt. Ich weiß aber noch nicht, von wieviel!!
Wir fahren nach Hause und beschließen, das wir die Nähte selbst ziehen werden. Noch einmal wollen wir uns so eine Warterei nicht antun. Ganz abgesehen davon wissen wir auch überhaupt nicht, wass wir zahlen werden müssen.
Eine Woche später entfernen wir ohne Problem die Nähte aus der wunderbar geheilten Augenbraue. Es ist kaum eine Narbe zu sehen - gute Arbeit.
Allerdings bin ich längst schon in Österreich als dann endlich die Rechnungen eintrudeln....
Am 12. Oktober, also 6 Wochen nach dem Unfall, liegt die Rechnung im Postkastl. 234$ für den Emergency Physician (Level 3, was immer das auch heißt) und 325$ für die Naht (LAC/SIMPLE 2,6 - 5,0cm) also in Summe $559. Nach einigem Hin und Her gelingt es Margueritha tatsächlich, die Rechnung zu bezahlen. Und ja - wir bekommen wirklich die 25% plus 25% Rabatt, wie oben besprochen und bezahlen nur $279.....
Also - alles in allem gar nicht einmal sooo schlimm...
Montag, 29. Oktober 2012
Freitag, 12. Oktober 2012
aus der Ferne
Zur Zeit befinde ich mich ja in Österreich auf Arbeitsurlaub und muss feststellen, dass fast drei Monate Abwesenheit bzw. Leben in einem anderen Land doch ein paar Erkenntnisse bringen.
1.) Mein Fernseher ist zu klein...
Diese Erkenntnis kommt mir nicht als erstes, weil ich fernsehsüchtig bin, sondern es ist die erste bahnbrechende Erkenntnis, die ich bei meiner Ankunft habe. Nach der Taxifahrt vom Flughafen nach Hause, beziehe ich rasch mein Zimmer und spring dann kurz auf ein Bier ins Lokal ums Eck. Dort beginnt gerade das Match Rapid gegen Rosenburg. Nach meinem ersten Bier packt mich doch die Müdigkeit und ich gehe gleich (nach dem zweiten Bier) nach Hause. Dort drehe ich noch einmal den Fernseher auf, um das Spiel noch weiter zu verfolgen. Mein schöner alter großer Röhrenfernseher - ist winzig. Es flimmert ein wenig und ich muß angestrengt hinschauen, um überhaupt etwas zu erkennen. Ein riesiger Flachbildschirm in HD ist halt doch etwas anderes.
(Mittlerweile habe ich mich wieder an das alte Ding gewöhnt)
2.) Autofahren ist hektisch....
Wie schon berichtet, fährt man in den USA auf eine andere Art und Weise Auto. Doch erst, als ich mich in Österreich wieder durch Stadt und Autobahn kämpfe stelle ich fest WIE hektisch es bei uns zugeht. Ich selbst fahre deutlich passiver, als vor meiner Abreise. Das wirkt sich einerseits positiv auf den Spritverbrauch meines Autos aus. Andererseits bekomme ich gerade erst heut in der Früh freundliche Grüße von anderen Verkehrsteilnehmern. Sie zeigen mir Ihren schönen Mittelfinger oder deuten mir, dass meine Frisur gut aussieht.... alles natürlich höchst "inappropriate".
3.) Ein Tag ohne Einkaufen ist auch ok...
JA - tatsächlich. Ladenöffnungszeiten hin oder her. Ein Tag, an dem man NICHT einkaufen gehen kann, ist gar nicht so schlecht. Diesen Tag geht man viel entspannter an.
4.) Alles "nice" ist auch nicht nice
Wenn immer alles "nice" und "awesome" ist, geht mit der Zeit auch die Differenzierung flöten. Genauso wie ständiges Granteln und Raunzen nichts bringt. Die Mischung wäre es - freundliche Leute beim Einkaufen UND grantige Taxler und Kaffeehaus-Kellner. Das wär's.
5.) USA ist nicht überall schneller...
Ich stehe beim BILLA und höre unweigerlich eine Kundenreaktion an der Kasse. Ein Mann regt sich fürchterlich auf, dass die Kassierin so viel quatscht und nicht weiter macht. Beim Hofer ginge alles viiiieeelll schneller. In Gedanken stell ich mir den Mann vor, wie er hinter einer älteren Dame beim VONS (Supermarkt in San Luis Obispo) steht. Die Dame hat 324 Artikel am Band und erzählt der Kassierin die Lebensgeschichte ihrer Katze. Dann füllt sie mühevoll einen Scheck aus. Danach räumt die Kassierin alles 324 Artikel in 132 Sackerln, stellt diese wieder ins Wagerl und fragt noch nach, ob die alte Dame Hilfe beim Einpacken ins Auto braucht..... Der Mann wäre bereits an einem Herzinfarkt verstorben (nicht ohne vorher gefragt zu werden "find everything allright??).
6.) "mein" Bier ist besser
Keine große oder unerwartete Erkenntnis - österreichisches Bier ist schon besser :-)
1.) Mein Fernseher ist zu klein...
Diese Erkenntnis kommt mir nicht als erstes, weil ich fernsehsüchtig bin, sondern es ist die erste bahnbrechende Erkenntnis, die ich bei meiner Ankunft habe. Nach der Taxifahrt vom Flughafen nach Hause, beziehe ich rasch mein Zimmer und spring dann kurz auf ein Bier ins Lokal ums Eck. Dort beginnt gerade das Match Rapid gegen Rosenburg. Nach meinem ersten Bier packt mich doch die Müdigkeit und ich gehe gleich (nach dem zweiten Bier) nach Hause. Dort drehe ich noch einmal den Fernseher auf, um das Spiel noch weiter zu verfolgen. Mein schöner alter großer Röhrenfernseher - ist winzig. Es flimmert ein wenig und ich muß angestrengt hinschauen, um überhaupt etwas zu erkennen. Ein riesiger Flachbildschirm in HD ist halt doch etwas anderes.
(Mittlerweile habe ich mich wieder an das alte Ding gewöhnt)
2.) Autofahren ist hektisch....
Wie schon berichtet, fährt man in den USA auf eine andere Art und Weise Auto. Doch erst, als ich mich in Österreich wieder durch Stadt und Autobahn kämpfe stelle ich fest WIE hektisch es bei uns zugeht. Ich selbst fahre deutlich passiver, als vor meiner Abreise. Das wirkt sich einerseits positiv auf den Spritverbrauch meines Autos aus. Andererseits bekomme ich gerade erst heut in der Früh freundliche Grüße von anderen Verkehrsteilnehmern. Sie zeigen mir Ihren schönen Mittelfinger oder deuten mir, dass meine Frisur gut aussieht.... alles natürlich höchst "inappropriate".
3.) Ein Tag ohne Einkaufen ist auch ok...
JA - tatsächlich. Ladenöffnungszeiten hin oder her. Ein Tag, an dem man NICHT einkaufen gehen kann, ist gar nicht so schlecht. Diesen Tag geht man viel entspannter an.
4.) Alles "nice" ist auch nicht nice
Wenn immer alles "nice" und "awesome" ist, geht mit der Zeit auch die Differenzierung flöten. Genauso wie ständiges Granteln und Raunzen nichts bringt. Die Mischung wäre es - freundliche Leute beim Einkaufen UND grantige Taxler und Kaffeehaus-Kellner. Das wär's.
5.) USA ist nicht überall schneller...
Ich stehe beim BILLA und höre unweigerlich eine Kundenreaktion an der Kasse. Ein Mann regt sich fürchterlich auf, dass die Kassierin so viel quatscht und nicht weiter macht. Beim Hofer ginge alles viiiieeelll schneller. In Gedanken stell ich mir den Mann vor, wie er hinter einer älteren Dame beim VONS (Supermarkt in San Luis Obispo) steht. Die Dame hat 324 Artikel am Band und erzählt der Kassierin die Lebensgeschichte ihrer Katze. Dann füllt sie mühevoll einen Scheck aus. Danach räumt die Kassierin alles 324 Artikel in 132 Sackerln, stellt diese wieder ins Wagerl und fragt noch nach, ob die alte Dame Hilfe beim Einpacken ins Auto braucht..... Der Mann wäre bereits an einem Herzinfarkt verstorben (nicht ohne vorher gefragt zu werden "find everything allright??).
6.) "mein" Bier ist besser
Keine große oder unerwartete Erkenntnis - österreichisches Bier ist schon besser :-)
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